
"Hoffnung, Stärken und Emotionen sollten am persönlichen Bildungsplan ganz oben stehen."
Als Journalistin, Pädagogin und Positive Psychology Coach liebe ich Magazine und Talks! Umso mehr hat es mich gefreut, dass ich im Lifestyle-Magazin Like it über eines meiner Herzensthemen sprechen konnte! Anstatt - wie sonst bei Talks - die Fragen zu stellen, war ich diesmal für die Antworten zuständig! Mein persönliches Best-of des Interviews lesen Sie hier:
Unsere Welt wird immer komplexer. Wie können wir unsere Kinder darauf vorbereiten?
Fragt man Eltern nach ihren Wünschen für ihre Kinder, fällt die Antwort meist einhellig aus: Dass sie glücklich sind! Damit wäre schon einmal das Ziel definiert.
Glück, ein großes Wort, das aktuell in aller Munde ist…
Auf jeden Fall, der Begriff Glück wird gerade nahezu inflationär verwendet! In Bhutan zum Bruttonationalfaktor erkoren, in Deutschland mancherorts ein eigenes Schulfach, auf Social Media präsentierter Dauerzustand. Um sich in diesem Dschungel äußerer Faktoren zu orientieren, ist es umso wichtiger, dass bereits Kinder erkennen: Ich kann etwas zu meinem persönlichen Glück beitragen!
Kann man Glück nun wirklich lernen?
Ich persönlich mag das Wort Glück nicht, ich spreche lieber von Wohlbefinden, Wachstum oder Aufblühen. Aber für alle, die Fakten lieben, hat die Positive Psychologie tatsächlich wissenschaftliche Antworten auf diese Frage gefunden. Denn es gibt Faktoren, die erwiesenermaßen das Wohlbefinden steigern, Menschen aufblühen lassen. Und all das braucht es, um visionäre Ideen für unseren Planeten umzusetzen.

Drei Dinge, die jedes Kind lernen sollte?
Hoffnung, Stärken und Positive Emotionen. Nummer eins sind gute Gefühle, sie sind die Basis von Wohlbefinden und haben wissenschaftlich gesehen einen enormen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und unser Empfinden. Gerade im Umgang mit Kindern ist es daher wichtig, Emotionen achtsam zu bemerken, sie zu benennen und auch bewusst damit umzugehen. Denn wer seine Emotionen kennt, kann sie nicht nur besser regulieren, sondern auch aktiv für sich nutzen. Nicht umsonst hat der renommierte Mediziner, Psychiater und Mindfulness-Experte Dr. Dan Siegel das Prinzip „Name it, to tame it“ geprägt, was so viel heißt wie „Nenne es beim Namen, dann bleibt es im Rahmen.“ Kurz gesagt: Allein das Aussprechen von Gefühlen, entlastet das Gehirn. Das funktioniert schon bei den Kleinsten, etwa in Form eines Emotionstagebuchs mit Bildern. Da wird dann nicht nur der Wutanfall, sondern auch das angenehme Gefühl von Liebe und Dankbarkeit nach dem Versöhnen bewusst wieder ins Gedächtnis geholt. Gerade dieser Fokus aufs Positive ist wichtig und verändert unseren Blick auf die Welt. .
Inwiefern?
Negative Emotionen schlagen ein wie Golfbälle, positive Emotionen zerplatzen wie Seifenblasen. So lassen sich die Forschungsergebnisse der US-amerikanischen Psychologin Barbara Fredrickson vereinfacht auf den Punkt bringen. Demnach braucht es mehr positive Emotionen, um den „Broaden & Build“-Effekt zu erzielen: Sind wir gut gelaunt, weitet sich unser Horizont, wir nehmen automatisch Schönes wahr, sind kreativ und offen für Chancen. Überwiegen die negativen Emotionen, verfallen wir in den Tunnelblick, unser Fokus bleibt beschränkt. Somit sind gerade in der Kindheit mehr Seifenblasenmomente gefragt! Ein liebes Wort, eine dankbare Geste, eine inspirierende Idee. Mit einem Lächeln lernt und lebt es sich tatsächlich besser, stressfreier und produktiver. Also gerne auch mal zuerst das Vergnügen, dann die Hausaufgabe.
"Gerade im Umgang mit Kindern ist es wichtig, Emotionen achtsam zu bemerken, sie zu benennen und bewusst damit umzugehen."
Wie sieht es mit den Stärken aus? Wie können Kinder davon profitieren?
Was in Management-Seminaren Usus ist, zahlt sich auch in der Erziehung aus. Eltern, die von Anfang an die individuellen Stärken ihrer Kinder sehen, ermöglichen mehr „Selbst-Bewusstsein“. Statt einem diffusen „Das hast du toll gemacht“, gerne mal ein „Wow! Ich bewundere deine Ausdauer und deinen Mut, wie du auf den Turm geklettert bist!“ Das Bewusstmachen der eigenen Stärken ermöglicht es, diese auch in unterschiedlichsten Situationen einzusetzen.
Wie darf man sich das vorstellen?
Um beim Beispiel zu bleiben: Ausdauer kann man auch beim Lernen für die nächste Schularbeit brauchen. Mut ist ebenfalls gefragt, wenn ich „Nein“ zu einer Tik-Tok-Challenge sage, obwohl alle Freunde mitmachen. Wissenschaftliche Studien zeigen: Wer seine Stärken kennt und einsetzt, ist nicht nur zufriedener, sondern auch erfolgreicher. Somit ist es auch in der Schule ratsam, die persönlichen Stärken der Schüler:innen spielerisch zu entdecken und zu nutzen. Ob Neugier, Führungsvermögen oder Freundlichkeit. Je nach individuellem Stärkenprofil kann so der Schulalltag positiv gestaltet und die Klassengemeinschaft gestärkt werden. Schüler:innen mit der Stärke Neugier werden etwa mit Forschungsaufträgen Lernziele gut erarbeiten, Leader werden bei Gruppenarbeiten ihr Organisationstalent beweisen und Schüler:innen mit der Stärke Freundlichkeit sind eine extrem wichtige Unterstützung, um die Atmosphäre innerhalb einer Klasse zu verbessern. Das Ergebnis: Die Kinder und Jugendlichen fühlen sich wertgeschätzt, selbstwirksam und erleben positive Emotionen.

Welche Stärken gibt es, und wie kann ich sie für mich und meine Kinder entdecken?
Dazu gibt es wissenschaftliche Studien. Von Aristoteles über Buddha bis Star Wars, Forscher haben 3000 Jahre voller Tugend-Geschichten untersucht und herausgefunden, dass in jedem von uns 24 Charakterstärken stecken. Von Humor über Neugier bis Dankbarkeit. Jeder von uns besitzt individuelle Signaturstärken, die ganz automatisch eingesetzt werden. Immer dann, wenn wir etwas besonders gerne machen, etwas ganz leichtfällt, werden sie deutlich. Wenn etwa ein Kind völlig versunken, stundenlang frei an einem Legohaus baut, ist etwa die Stärke Kreativität ziemlich offensichtlich gerade in Aktion.
Unter viacharacter.org gibt es dazu einen eigenen Test für Erwachsene und Kinder (ab 8
Jahren). Oft braucht es das aber gar nicht. Schulkinder arbeiten auch sehr gerne mit Stärkenkarten. Sie suchen sich intuitiv die für sie passenden aus und legen sie in eine eigene
Schatzkiste. Die anderen Stärkenkarten schlummern an einem Extra-Ort und können jederzeit bei Bedarf aktiviert werden. Wie ein Pulli, den man anzieht. Nach dem Motto: „Welche Stärke könnte mir
heute helfen?“. Etwa Vergebungsbereitschaft beim Streit mit dem Sitznachbarn, Begeisterungsfähigkeit in der langweiligsten Schulstunde oder Fairness beim Fußballmatch. Genau die gewählte Stärke
versucht man dann bewusst den ganzen Tag lang einzusetzen und schaut am Abend, wie es geklappt hat. Die meisten Kinder sind verblüfft, wie gut sich das anfühlt.
Ist jede Stärke gleich auf den ersten Blick erkennbar?
Nein! Automatisch schweift der Blick meist auf Dinge, die nicht so gut funktionieren, das gehört geändert! Ich nenne es gerne „Be strong - Be yourself“, einen Blick für die eigenen Stärken und die Stärken anderer zu entwickeln. Wenn man als Elternteil etwa wieder mal in die Schule zitiert wird, weil das Kind während der Stunde zu viel Späße macht, kann man darin auch einen Beweis für enorme Kreativität und Humor sehen. Und gemeinsam daran arbeiten, einen passenden Raum – von der Theatergruppe bis zum Comedy-Contest zuhause – fürs Ausleben dieser Stärken zu finden. Denn nicht jede Stärke ist auf den ersten Blick erkennbar, wie mein liebstes Beispiel vom Pinguin deutlich macht: An Land wirkt er tollpatschig, unter Wasser ist er der eleganteste Schwimmer. Es lohnt sich somit, nach Stärken Ausschau zu halten! Allein das Wahrnehmen führt meist schon zu einer positiven Veränderung. Tipp für Eltern: Gerne auch die eigenen Stärken erkunden. Eine Portion Freundlichkeit oder auch Fairness – sich und dem Kind gegenüber – können oft schon den Unterschied machen.
"Wichtigstes Learning für Kinder: Ich kann etwas zu meinem persönlichen Glück beitragen!"
Wir haben jetzt viel über Positive Emotionen und Stärken gesprochen. Aber welche Rolle spielt dabei die Hoffnung als Lifelong-Learning-Skill?
Wann lernen wir am besten? Wenn wir den Sinn hinter einer Aufgabe verstehen und uns selbstwirksam fühlen. Der renommierte Zukunfts- und Hoffnungsforscher Dr. Andreas Krafft ortet genau hier die Schlüsselfaktoren, um Zukunft positiv zu gestalten. Daher gilt es in Schulen und zuhause eine inspirierende Lernumgebung für Kinder und Jugendliche zu schaffen. Etwa nicht nur über den Klimawandel theoretisch zu lernen, sondern selbst ein Recycling-Projekt in der Nachbarschaft auf die Beine zu stellen. Dabei wird Fachwissen, Organisation, Leadership, Teamwork, soziales Engagement, Kreativität und eine große Portion Hoffnung gleichzeitig vermittelt. Ein Gefühl von „Ich und mein Tun machen einen Unterschied!“ Und genau diese Hoffnung ist nötig, um unseren Planeten mit Visionen ins nächste Jahrhundert zu führen.
Wie können junge Menschen all diese Skills lernen?
Dafür braucht es nicht unbedingt ein eigenes Schulfach und auch keine rosarote Brille, sondern einen Mindset, der von Eltern, Lehrkräften und allen, die mit jungen Menschen zu tun haben, gelebt und gefördert wird. Denn noch mehr als das „Was“, zählt das „Wie“. Eine Begegnung auf Augenhöhe mit einem wertschätzenden Blick für alles, was da ist, ist die beste Basis. Statt einem „Ich kann das nicht“, sollte in Zukunft jedes Kind sagen „Ich kann das noch nicht.“ Und wenn es im Alltag mit Kindern und Jugendlichen mal turbulent wird, lohnt es sich immer, offen zu bleiben und auch mal die Perspektive zu wechseln: „Wie erlebt mein Gegenüber gerade die Situation? Und was können wir beide gerade daraus lernen?“ Ganz praktisch, fürs Leben.
Vielen Dank für das Gespräch!
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